Mi casa es su casa: Mit Couchsurfing um die Welt
10 Min. LesezeitCouchsurfing wird von Nutzern gerne als „Lebenseinstellung“ bezeichnet. In fremden Betten zu schlafen bedeutet also nicht in erster Linie, umsonst zu übernachten. Sondern in das echte Leben einer Kultur oder Stadt einzutauchen.
Im Idealfall hast du beim Couchsurfing einen Einheimischen an der Angel, der dir seine Stadt zeigen kann, der dir sagt, welches Restaurant eine Tourifalle ist und verhindert, dass du den Busbahnhof mit dem Flughafen verwechselst. Das geht aber auch ohne Schlafen. Über die (fast konkurrenzlose) Plattform Couchsurfing
Surf & Host: Muss ich auch…
…hosten, wenn ich ab und an surfe? Nur, wenn du ein echtes Interesse daran hast. Klar, eigentlich wäscht eine Hand die andere. Aber biete deine Bleibe nicht aus irgendeinem Pflichtgefühl heraus und dann halbherzig an. Bevor das passiert und dein Gast sich nicht willkommen fühlt, würde ich sagen: lass es. Trotzdem sollte es ein gewisses Gleichgewicht an Nachfrage und Angebot auf der Plattform geben, wenn du verstehst.
Zum Glück werden Nur-Surfer zum Teil durch Nur-Hoster aufgefangen. Weil die Hosts selbst vielleicht nicht so viel Reisen und das Couchsurfing als Gelegenheit nutzen, wenigstens auf diese Art Menschen aus anderen Kulturen treffen. Auf ihrer eigenen Couch. Fakt ist trotzdem: Nur ein Drittel der User auf bei Couchsurfing bieten ihre Bude Gästen an.
Was Couchsurfing nicht ist
Wer eine längerfristige Unterkunft sucht, ist beim Couchsurfing an der falschen Adresse. Im Durchschnitt bleibt man nur ein paar Tage (Ausnahmen gibt es immer). Viele verwechseln das Angebot einer kostenlosen Übernachtung außerdem mit einem Bed & Breakfast – ist ja eh schon umsonst, also wird wohl auch Frühstück serviert!? Nein, Hosts sind keine Dienstleister.
Ganz klar ist auch, dass man sich auf das Leben des Gastgebers einstellen muss – die meisten geben dir nämlich nicht ihren Zweit-Schlüssel. Du surfst also in der Wohnung, wenn der Host heimkommt. Und verlässt die Welle, wenn er geht.
Couchsurfing-Historie
Die Idee, sein Dach über dem Kopf mit anderen zu teilen, ist keine aus dem digitalen Zeitalter. Der US-Amerikaner Bob Luitweiler gründete bereits 1949 das „Open Door System of Work, Study and Travel“.
Sein Motiv: Eine Wiederholung der Ereignisse im Zweiten Weltkrieg zu verhindern. Durch Völkerverständigung. Heute existiert der Dienst unter dem Namen Servas und ist ein gemeinnütziger Verein https://
Eine ganz andere Hausnummer ist natürlich die allseits bekannte Plattform Couchsurfing
„ …people anywhere would want to share their homes with strangers. Or, as we like to call them, friends you haven’t met yet.“
Kann, kann, muss nicht.
Manchmal entstehen aus Couchsurfing-Zusammenkünften tatsächlich Freundschaften. Und manchmal treffen auch Leute aufeinander, die sich von A bis Z unsympathisch sind. Legitim ist natürlich, als Gast seinen eigenen Stundenplan zu haben. Und auch, als Gastgeber nicht die Pausentaste des Lebens zu drücken, weil jemand auf seiner Couch pennt. Wichtig ist nur, dass man sich selbst auf der Plattform so darstellt, wie man ist – damit eine größere Chance besteht, dass ähnliche Einstellungen zu der Sache aufeinander treffen. Eine Garantie dass es passt, gibt es natürlich nicht.
Die erste Couch finden
Couchsurfing
1. Anmeldung
Man kann sich, wie gewohnt, über Facebook oder die Email-Adresse auf der Seite registrieren. Easy.
2. Profil (mit und ohne Verfizierung)
Gerade angemeldet, hat man 10% seines Profils vervollständigt. Die Zeit der anderen 90% ist jetzt: Bestätigung der Email, Verbindung zu Facebook, Verifizierung deiner Daten, Fotos von dir, Fotos von deiner Wohnung, einige persönliche Beschreibungen und später auch Referenzen von Leuten, die du besucht oder beherbergt hast. Im Gegensatz zur Beschreibung über sich, die nur 5% eines vollständigen Profils ausmacht, erhält man durch die Verifizierung 35%. Dabei geht es darum, dass Couchsurfing dich als „echten Menschen“ identifiziert: über Telefonnummer, Adresse usw.
Der Beweis, dass du kein Roboter bist, kostet 18 Euro. Paypal oder Kreditkarte. Aber nicht vergessen, die Nutzung bleibt kostenlos, dieser Teil ist kein Muss. Die Website wirbt natürlich dafür, weil verifizierte Hosts angeblich nur verifizierte Surfer annehmen. Es gibt aber auch nicht-verifizierte Hosts und Surfer – gegebenfalls bleiben sie unter sich. Was ich nicht glaube.
Es ist natürlich legitim, dass die Betreiber der Seite auch durch die Nutzer ein bisschen Geld verdienen wollen – und 18 Euro sind überschaubar. Trotzdem will man natürlich wissen, wofür man die zahlt. Ich denke, für viele geht es dabei schlicht um den Aspekt Sicherheit: Wer seine Daten preis gibt, hat nichts zu verheimlichen. Und kann vertrauensvoll in die eigenen vier Wände eingeladen werden.
3. Surf & Host
Auf deinem Profil kannst du angeben, ob du selbst bereit bist, Leute aufzunehmen: Auf keinen Fall, vielleicht, definitiv. Die Anfragen kommen automatisch. Im umgekehrten Fall gibst du im Suchfeld deinen Wunsch-Ort an. Danach werden dir „Events“, „Hosts“ und „Hangouts“ (Leute, die was unternehmen wollen) vorgeschlagen.
Konzentrieren wir uns an der Stelle auf die Hosts. Du siehst Bilder (von Gesicht und Couch), wie alt die Person ist, welche Sprachen sie spricht, warum sie couchsurft, die Bewertungen deiner Vorgänger. Hier kannst du deine Katzenallergie angeben, oder dass du keine Kinder magst. Ein grünes Häkchen zeigt an, ob man verifiziert ist.
Jemanden gefunden? Daumen drücken, dass der andere dich auch für ein Match hält – und die Anfrage bestätigt. Jetzt werden Kontaktdaten ausgetauscht, die Wann-Wo-Warum-Wieviele-Fragen geklärt – und dem Offline-Abendteuer Couchsurfing steht nichts mehr im Weg.
4. Die Zigarette danach
Einmal die Begegnung im echten Leben hinter sich gebracht, könnt ihr euch gegenseitig bewerten. Über Referenzen gibt man genau an, warum man jemanden so oder so beurteilt.
Schwarze Schafe, Datenmissbrauch und sowieso kommerziell
Das Internet ist böse. Aber du bewegst dich eh schon darin, also bist du gewöhnt, dass deine Daten verkauft werden.
Im Ernst. Couchsurfing ist nicht besser oder schlechter, als die anderen kommerziellen Seiten, die du jeden Tag nutzt. Hier gilt, was überall gilt: Du entscheidest, welches Bild du hochlädst und welche Infos zu rausgibst.
Eine andere Sorge ist die, dass man offline auf die Schnauze fällt. Beklaut wird oder bedrängt. Auch hier musst du selbst entscheiden, ob dir die Sache zu heikel ist – oder du drauf vertraust, dass die Wahrscheinlichkeit einer guten Erfahrung höher ist. Ein Profil genau zu checken, ein paar mal hin und her schreiben, bei einem schlechten Gefühl absagen – viele andere Möglichkeiten gibt es wohl nicht. Für mehr Infos: Christine Neder schreibt in ihrem Buch 90 Tage, 90 Betten über ihre Erfahrungen mit Couchsurfing.
Die Welt hat es auch schon kritisiert: 2011 fand ein Wechsel „vom gemeinnützigen Verein zum kommerziellen Unternehmen“ statt, Couchsurfing
Nach verschiedenen Couches surfen
Couchsurfing
Hospitality Club
…wurde 2000 in Koblenz gegründet und ist damit sogar älter als Couchsurfing
BeWelcome
…entstand aus dem Hospitality Club – durch ehemalige (französische) Nutzer, die es wohl besser machen wollten. Zählt zur 85.000 Mitglieder, wovon viele inaktiv sind. Bonus: Die Seite legt Wert auf Datenschutz, finanziert ist sie von Spenden. Böse gesagt haben sie aber auch nicht so viele Daten zu verkaufen, als dass es ein Geschäftsmodell werden könnte. https://
Women Welcome Women
Wie der Name schon sagt – nur für Frauen. Hier zeigen schon Fotos, dass es mehr um das Zusammensein geht, als ums reine Übernachten: https://
AUS (INS) LAND
Im Ausland Gleichgesinnte zu treffen war nie so leicht wie heute. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Couchsurfing-Prinzip und anderen Möglichkeiten, in Wohnungen statt in Hotels zu schlafen zu schlafen liegt darin, dass die Bewohner bei Couchsurfing gleichzeitig da sind. Und dass man im Prinzip eine ganze Weltreise machen kann, ohne für die Übernachtung zu bezahlen. Wer lieber alleine sein möchte – und dafür zahlen – kann sich bei Airbnb, 9Flats, HouseTrip oder Wimdu eine Bleibe suchen.
Die erste Assoziation, dass man als Surfer vom Host profitiert – und umgekehrt nur wenig davon hat – sehen regelmäßige Hosts anders: Der kulturelle Austausch, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Kochabend, ist für beide Seiten eine Bereicherung (und lecker). Außerdem gibt es einem selbst Inspiration für die nächste Reise. Kultur auf der Couch ist also eine Win-Win-Situation.
Was für Couchsurfing Erfahrungen hast DU schon gemacht?
Work smart, not hard.
Maria Anna
Veröffentlicht am 18:58h, 31 JuliHi Bastian,
obwohl ich viel unterwegs bin, habe ich irgendwie noch nie Couchsurfing ausprobiert. Sollte ich dringend mal. Dein Artikel war auf jeden Fall informativ und auch kritisch – danke!
Viele Grüße,
Maria
Bastian
Veröffentlicht am 11:25h, 01 AugustDanke Maria! Auf jeden Fall 🙂 Die tollsten Geschichten sind Couchsurfing Geschichten 😀
Andreas
Veröffentlicht am 19:22h, 18 AugustFinde das Konzept Couchsurfing echt ziemlich gut. Wobei man natürlich ganz klar sagen muss, dass das Konzept vom Geben und Nehmen lebt.
Daher versuche ich auch, meine Couch zur Verfügung zu stellen, wann immer ich in Deutschland bin.
Bastian
Veröffentlicht am 10:37h, 26 AugustWo wohnst du denn Andreas? Vielleicht komm ich mal vorbei 😀
Alexandros Tsachouridis Mondon
Veröffentlicht am 10:21h, 03 NovemberAlter, darum erreicht man dich kaum mehr. Das sind ja ÜBERTEXTE. Was für ein Mehrwert… du steckst da die Arbeit rein, die man dir ansieht: Qualität bro.
peace aus Greece
Alexandros
Bastian
Veröffentlicht am 12:49h, 03 NovemberDank dir vielmals mein Lieber! Tja was soll ich sagen? Ich produziere grade ziemlich viel Content vor…